Trekking in Nepal: Felsentempel unter Geiern
Da der direkte Weg zum nächsten Pass durch einen Bergsturz zerstört wurde, überqueren wir auf einer modernen Hängebrücke die tiefe Schlucht des Ghyakar Khola um auf der anderen Seite weiter zu kommen. Die Stahlkonstruktion wurde in einem Stück hier hoch getragen und ohne Hilfe von modernen Kränen oder Hubschraubern montiert!
Um das kleine Dorf Ghyakar wird Buchweizen angebaut, der erntereif in Rottönen leuchtet. Hier wachsen auch mächtige Pappelfeigen, Ficus religiosa, mit ihren hellgrünen herzförmigen Blättern. Siddharta Gautama soll unter solch einer Pappelfeige die Erleuchtung erlangt haben, so dass er zu Buddha wurde.
Seither gelten diese Bäume den Buddhisten als heilig.
Ein angenehmer, schöner Weg führt in mäßiger Steigung zur Passhöhe von Taklam La hinauf. Die Hänge sind mit Wacholderbüschen überzogen. Rotorange Felsnadeln wachsen aus der ockerfarbenen Erde. Oben öffnet sich das Panorama und bietet einen großartigem Blick auf die Annapurna, die „Nahrung spendende unzugängliche Bergestochter“… einer der gefährlichsten und am seltensten bestiegenen Achttausender (8.091m).
Es geht weiter zum Dajori La Pass mit bereits 3.660 m Höhe.
Im Ort unterhalb, Samar, machen wir Mittagspause. Ich höre Trommelklänge, in dem treibenden, für schamanische Rituale üblichen Rhythmus. Ich laufe neugierig um die Häuser, entdecke zwar etliche Anzeichen für Schutzzauber und Räucherstellen, kann jedoch den Ursprung der Klänge nicht ausmachen. Dann müssen wir auch schon wieder weiter.
Wäre ich alleine gewesen, wäre ich gerne noch geblieben um mehr zu erfahren.
Von Heiligen Geiern
Hinter Samar führt ein schmaler Pfad in die tiefe Schlucht des Samarkyung Khola hinunter, eine beeindruckende Canyonlandschaft. Eine vollkommene Stille, bis auf die Schreie der hoch oben im blauen Himmel in Kreisen gleitenden Geier. Die mächtigen Vögel mit bis zu 3 Metern Flügelspannweite brüten auf Felsbänken oder in kleinen Höhlen in steilen Felswänden bis in einer Höhe von 4.000m. An den weißen Kot-Fahnen hoch droben in den Felswänden lassen sich die Lagen ihrer Horste erkennen. Die Jungvögel bleiben dort bis zu 8 Monate bis sie ihr Nest verlassen. Ich kann einige durch das Teleobjektiv meiner Kamera erkennen. Geier gelten als heilig!
Denn hier in Nepal und Mustang wird noch immer das Ritual der Himmelsbestattung betrieben. Es ist schamanischen Ursprungs, wurde in den tibetischen Buddhismus übernommen und ist für die Menschen hier die vornehmste Art des Begräbnisses: Der Tote wird hinauf in die Berge getragen, dort von dazu auserwählten Menschen, den Ragyapas, in bestimmter Weise zerkleinert und dann den Geiern zum Fraß dargebracht. Durch diese Transformation in die mächtigsten Himmelsgeschöpfe soll die Seele vollkommen frei werden, auch befreit von den erdgebundenen Geistern und Dämonen.
Rangchyung Felsentempel
Unten im Canyon angekommen führen künstliche Stufen auf der anderen Seite in die Höhe wo von einer Seite der Schlucht zur anderen zahlreiche bunte Wimpelgirlanden im Wind flattern und einen heiligen Ort markieren: Den Felsentempel Rangchyung Chörten.
Im Inneren einer Höhle hat die Natur eine Sinterformation geschaffen die einem Chörten ähnelt, jenen spirituellen Bauwerken, die hier an jedem Ortseingang stehen. So heißt der Tempel übersetzt: „der durch sich selbst erschaffene Chörten“. Ein natürlicher dunkler Wandelgang führt um das Heiligtum herum, mit mehreren kleinen Lhatos und einer schwarzen Heiligenfigur. Zahlreiche Votivtafeln, Butterkerzen und Devotionalien schmücken das Ensemble. Ein buddhistischer Mönch betreut die Anlage.
Es ist bereits spät, die Sonne ist am Untergehen und taucht den Canyon in Orangerosa. Eine wundervolle Atmosphäre, doch wir müssen uns beeilen wieder aus dem Canyon hinauszukommen und erreichen nach einer weiteren Stunde unser Ziel Syangboche, das nur aus wenigen Häusern besteht. Diese lange Etappe von 9 Stunden, war nun anstrengend, aber die erste Etappe, die meinen Vorstellungen von einem Trekking entsprach, auf schmalen Pfaden in einer wunderschönen Natur!!!
Fotos:
Manimauer im geologischen Kunstwerk
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