Meine Begegnung mit dem Tiger… in Nepal
Gerade ist die Sonne aufgegangen. Dunst und Nebelschwaden hängen über dem Rapti-River der gemächlich durch den Urwald fließt. Es ist noch angenehm kühl und auffallend still. Ein leises Zirpen der Grillen und ab und zu der Ruf eines Vogels sind auf einem Hintergrund tiefster Stille zu hören.
Ich folge Chok Gurung, meinem Guide, auf einem breiten Pfad der parallel zum Flussufer tiefer in den Dschungel führt und staune über all die unterschiedlichen Pflanzen und hohen Bäume… dichtes Grün. Chok Gurung weist von Zeit zu Zeit auf besondere Pflanzen oder hoch hinauf in die Wipfel, wo er bunte Vögel entdeckt hat, deren Namen er Alle auch auf Englisch und Lateinisch kennt.
In meinen Gedanken grüße ich die Tier- und Pflanzengeister des Dschungels. In meinem Inneren tiefe Dankbarkeit, hier sein zu dürfen, und wunderbarerweise allein, nur ich und mein Guide, der mir auf Anhieb sympathisch war.
Ein Brüllen reißt mich aus meinen Gedanken.
In kurzen Abständen immer wieder dieser hohlkehlige tiefe Ruf… was ist das???
Eine Hirschantilope, meint Chok Gurung.
Er bleibt stehen. Legt den Finger auf die Lippen und deutet mir, uns ins Dickicht zu schlagen. Ich versuche möglichst so aufzutreten, dass keine Ästchen knacken, und so schleichen wir näher an das Brüllen heran, das aber plötzlich erstirbt…
und auch wir Beide erstarren: keine 20 Meter von uns entfernt bewegt sich majestätisch der König des Dschungels durch das Unterholz… der Tiger dreht nur unmerklich sein Haupt in unsere Richtung, als ob er sich vergewissern wollte, dass wir auch demütig innehielten.
Die Muskeln an Schultern und Hüften sprechen von seiner Stärke, der sanft hin- und herpendelnde Schwanz von seiner Eleganz. Ich wage es kaum zu atmen. Sekunden, die eine Ewigkeit dauern, bis er im Dickicht verschwunden ist.
Chok Gurung holt mich aus meiner Erstarrung und deutet mir uns rückwärts zurückzuziehen. Auf dem Pfad angelangt packt er meinen Ärmel und rennt los. Gar nicht weit biegt ein Weg ab und führt direkt auf einen Hochstand am Flussufer zu, auf dem zwei Ranger Wache schieben. Sie wollen uns den Zutritt verwehren doch als Chok Gurung „Tiger“ ruft lassen sie uns hoch. Hier warten wir eine geraume Zeit, ob der Tiger noch in der Nähe ist, bis wir uns dann für den Rückweg wieder hinunter wagen…
Hatten wir ihn bei der Jagd gestört? Mein Guide hätte nur einen Bambusstock gehabt, um sich zur Wehr zu setzen. Doch mir schien es, als habe sich dieser Tiger nur zeigen wollen, in seiner ganzen Schönheit… wie er da vor unseren Augen auftauchte und wieder verschwand… ich sehe es als Geschenk… für mich… und bin zutiefst gerührt.
Tiger sind in freier Natur akut vom Aussterben bedroht. In Nepal leben im Chitwan-Nationalpark nur noch ca. 50 Exemplare. So ein Tiger durchstreift dabei als Einzelgänger täglich 25km Urwald auf der Jagd nach Beute und ist ständig in Bewegung. Ihm so zufällig zu begegnen, ist wirklich außergewöhnlich und sehr, sehr selten.
Ich habe ja schon einige Tiger gemalt… auf der Basis von Fotos, die ich in Zoos gemacht hatte, siehe dein Krafttier Tiger , nun haben diese Bilder für mich eine andere Dimmension bekommen…
Mein Reisebericht:
- magischbuntes Kathmandu
- nach Pokhara
- Trekking- Etappe Marpha
- Magie und Mandalas in Kagbeni
- Eintritt ins verbotene Königreich Lo
- Alltag und Hygiene
- Felsentempel unter Geiern
- Manimauer im geologischen Kunstwerk
- die Gompa von Tsarang
- Lo Gekar, das älteste buddhistische Kloster
- Tempel der Mandala – ein Wunderwerk
- Das Leben in Lo Mantang
- Das Tal der Ammoniten
- im Bett des Kali Gandaki
- Trekking-Etappe nach Samar
- das Mysterium der Höhlensiedlungen
- Blick in den Himalaya
- das heilige Muktinath
- Letzte Etappe nach Jomsom
- Into the Wild!
- Der Tiger
- das Rhinozeros
- die Tharu, Menschen des Waldes
- Krokodile im Rapti-River
- mit der Propellermaschine den Himalaya entlang
- Weltkulturerbe Bhaktapur
- Bhaktapurs Markttreiben
- letzte Tage: Tika und Rangoli zum Lichterfest
3 Replies to “Meine Begegnung mit dem Tiger… in Nepal”
Liebe Sabine,
das ist ja Wahnsinn! Einen wild lebendenden Tiger zu treffen – das ist wahrlich nur sehr, sehr wenigen vergönnt. Und ganz sicher kein Zufall. Der Tiger, den Du auf meine Trommel gemalt ist, begleitet mich jeden Tag und ist durch Dich lebendiges Abbild meiner spirits geworden. Dafür danke ich Dir aus tiefstem Herzen. Deine Bilder sind beseelt. Das können die wenigsten.
Wie schön, dass es Dich gibt!
Liebe Grüße schickt
claudi
Liebe Sabine, vor fast 20 Jahren sind wir durch Nepal gereist und waren auch im Chitwang Nationalpark. Ein faszinierendes Land in jeder Beziehung. Die freundlichen Menschen, die Natur, die Tiere, die alten Städte…
Du hast etwas ganz besonderes erlebt.
Danke, dass Du es mit uns teilst.
Liebe Heidemarie, Du sagst est! Ein wirklich Wunder-volles Land! Toll dass Du da auch schon warst!